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Dringliche Interpellation Nr. 2015-647 von Ueli Nussbaum, FDP, und Mitunterzeichnenden: Wiederaufbau Wohnhaus Winkel

Nummer
2015-647
Geschäftsart
Dringliche Interpellation
Status
Beantwortet
Datum
6. Mai 2015
Verfasser/Beteiligte
Biese Jürg (Mitunterzeichner/-in), Rölli Urs (Mitunterzeichner/-in), Strässle-Erismann Ruth (Mitunterzeichner/-in)
Ulrich Nussbaum (Erstunterzeichner/in)
Jörg Gilg (Mitunterzeichner/in)
Sabine Lütolf (Mitunterzeichner/in)
Beschreibung
Dringliche Interpellation Nr. 2015-647
Wiederaufbau Wohnhaus Winkel
Nussbaum Ueli, FDP, und Mitunterzeichnende

Eingegangen am 6. Mai 2015
Beantwortet am 21. Mai 2015

Um die Interpellation besser verstehen zu können und entsprechende zielführende Antworten zu erhalten, habe ich mir erlaubt, die Randdaten ausführlich aufzuschreiben.

Mit folgender Meldung wurde die Bevölkerung von Horw und Umgebung am 5. Februar 2012 über einen tragischen Brand informiert:

Neue Luzerner Zeitung Online, Ausgabe 5. Februar 2012
„Brand in Horw - Beim Brand eines älteren Wohnhauses in Horw kam eine Person ums Leben. Die Feuerwehren, die bis am Sonntagmorgen im Einsatz standen, konnten ein Übergreifen des Feuers auf die zweite Haushälfte sowie auf das nahe gelegene, historische Zollhaus verhindern. Die vordere Haushälfte brannte völlig aus.“

Aus dem Einsatzbericht der Feuerwehr der Stadt Luzern wurde am 4. Februar Folgendes protokolliert:
„Vergangene Nacht brannte in Horw ein Gebäudeteil eines alten Wohnhauses nieder. Eine Person konnte nicht mehr rechtzeitig gerettet werden. Die Löscharbeiten der Feuerwehren Horw, Kriens und Luzern waren wegen der hohen Brandbelastung und der grossen Kälte sehr schwierig. Gestern Abend, 4. Februar 2012, kurz nach 23:30 Uhr wurde bei der Einsatzleitzentrale der Luzerner Polizei gemeldet, dass ein älteres Wohnhaus brenne. Der aus dem Haus dringende Rauch war so stark und die Hitze so hoch, dass ein Bewohner nicht mehr rechtzeitig gerettet werden konnten. Es dauerte nur kurze Zeit, bis der ganze Gebäudeteil in Vollbrand stand. Das Haus war durch eine Brandmauer in zwei Teile getrennt. Dank der schnellen Reaktion der Polizisten der ersten Polizeipatrouille konnten die drei Bewohner dieses Hausteiles unverletzt evakuiert werden. Dieser Gebäudeteil blieb dank dem konsequenten Einsatz der Feuerwehren von den Flammen verschont. Der Einsatz war für die Einsatzkräfte der Feuerwehren wegen des starken Rauches, der grossen Brandbelastung und Hitze sehr schwierig, zudem wurden die Löscharbeiten durch die grosse Kälte erschwert. Ein Feuerwehrmann musste mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Luzerner Kantonsspital eingeliefert werden. Die Einsatzkräfte standen bis in den Sonntagvormittag im Einsatz. Das in unmittelbarer Nähe stehende historisch wertvolle Zollhaus konnte geschützt werden. Die Brandursache ist zurzeit unbekannt. Die Branddetektive der Luzerner Polizei haben die Ermittlungen aufgenommen. Der vordere Wohnhausteil brannte völlig aus, grosse Teile des Daches sind eingestürzt. Der genaue Sachschaden kann derzeit nicht beziffert werden. Im Einsatz standen 155 Eingeteilte der Feuerwehren Horw, Kriens und der Stadt Luzern sowie Einsatzkräfte der Luzerner Polizei und zwei Ambulanzen des Rettungsdienstes 144. Zum Zeitpunkt des Brandes fand die Agatha-Feier der Feuerwehr Horw statt.“

Seit dieser tragischen Meldung sind nun mehr als 3 Jahre verstrichen. Die Anstrengungen der Besitzerfamilie an diesen Ort zurückzukehren und ihr Anwesen wieder aufzubauen, ist ungebrochen. Leider wird das den Besitzern aber verunmöglicht, sei es wegen unglücklichen Umständen oder aus Unwissen oder vielleicht aus falschen Interpretationen von Gesetzen.

Diese dringliche Interpellation soll helfen, die Fragen zu klären und wenn möglich den Weg zu ebnen, um eine Lösung zu finden, dass ein Ersatzbau so schnell wie möglich realisiert werden kann.

Stand heute per April 2015
  1. Sowohl die Brandruine wie auch das Nachbarhaus sind abgerissen und das Terrain ist geräumt.
  2. Der Richtplan über die Kurzone Winkel vom 6. Mai 1987 war bis zum 9. Februar 2011 gültig.
  3. Seit dem 11. September 2011 ist das total revidierte Bau- und Zonenreglement vom Regierungsrat genehmigt und somit in Kraft.
  4. Der Bebauungsplanentwurf erfolgte in drei Phasen: a) Phase 1 - Festlegen der Eckwerte aufgrund einer räumlichen Analyse und gestützt auf das Ortsbildinventar. Im Frühjahr 2012 wurden diese Eckwerte den Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern zur Vernehmlassung vorgestellt. Der Grobentwurf Bebauungsplanvariante (Metron) lag im März 2012 vor. b) Phase 2 - Unter Beteiligung der Gemeinde mit Ihrem noch unüberbauten Grundstück und mit den Grundeigentümern und Grundeigentümerinnen westlich der Winkelstrasse wird ein privater Architekturwettbewerb durchgeführt. c) Phase 3 - Übernahme der drei wesentlichen Elemente des siegreichen Projektes (Standort für Hochbauten, Bauvolumen, Erschliessung, Aussenraum) in den Bebauungsplan und deren Sonderbauvorschriften. So unter anderem: „Der projektierte Ersatzneubau auf den Parzellen Nm. 453 und 454 wird, wie der Altbau (Ortsbildschutz Kategorie 3) zuvor, unter Volumenschutz gestellt und es wird eine Pflichtbaulinie definiert, welche besagt, dass das Haus wieder am alten Standort an der Winkelstrasse zu stehen hat.“
  5. Im Nachgang zum Projektwettbewerb entschieden sich die Eigentümer der Parzellen Nrn. 453 und 454, die Weiterbearbeitung nicht mit dem ausgewählten Architekten fortzuführen. Deshalb wurden den Grundeigentümern Spielregeln auferlegt, welche für die Qualitätssicherung gelten, mit folgenden von der Denkmalpflege erstellten Auflagen, u.a. Begleitung der Projektierung durch ein Mitglied des Fachpreisgerichtes.
  6. Seit dem 10. April 2014 liegt der Bebauungsplanentwurf vor. Dieser war bis am 17. April 2014 im Foyer des Gemeindehauses ausgestellt. Im Bebauungsplanbericht vom 31. März 2014 wird auf die Ensemblewirkung unter den bestehenden Bauten hingewiesen und im Bebauungsplan wird in den Vorschriften entsprechend darauf reagiert (Volumenschutz, Pflichtbaulinie).
  7. Mitwirkung: Vom 9. April bis 9. Mai 2014 konnte zu Handen des Baudepartementes eine schriftliche Stellungnahme von jedermann abgegeben werden.
  8. Am 9. Mai 2014 wurde eine Petition "Bebauungsplan Kernzone Winkel, Stand öffentliche Mitwirkung vom 9. April 2014" eingereicht.
  9. Am 19. Dezember 2014, also 7 Monate später, erfolgte die Beantwortung der Petition durch den Gemeinderat. Unter Punkt c) forderte die Petition, dass der Ersatzneubau aus dem Bebauungsplanverfahren herausgelöst werde und im Rahmen des vorgegebenen Volumenschutzes bewilligt werde. Dazu hat der Gemeinderat in seiner Stellungnahme Folgendes geschrieben: „Die Bestimmungen des Bau- und Zonenreglements der Gemeinde Horw (Art. 9. Abs. 4 BZR) verlangen, dass in der Kernzone Winkel Baubewilligungen nur basierend auf einen Bebauungsplan erteilt werden können. Der Ersatzneubau kommt innerhalb des Gewässerraumes zu liegen. Die Festlegung des Gewässerraums ist im Rahmen der Nutzungsplanung bzw. mit dem vorliegenden Bebauungsplan festzulegen. Dies fordern sowohl die revidierte eidgenössische Gewässerschutzgesetzgebung bzw. -verordnung als auch die kantonale Prüfungsbehörde. Ausserdem kommt der Ersatzbau in Unterabstand zur Grundstücksgrenze und zur Strasse zu stehen und regelt die Erschliessung. Der Bebauungsplan bildet die planungsrechtliche Grundlage für die Erteilung der Baubewilligung. Andernfalls könnte jeder andere bauwillige Grundeigentümer für sich dieselbe Ausnahmebehandlung geltend machen. Dadurch würde das Planungsinstrument Bebauungsplan und die Beschlussfassungskompetenz des Einwohnerrates in Frage gestellt. Daraus die Schlussfolgerung vom Gemeinderat zu diesem Punkt in der Petition: Am Bebauungsplan Kernzone Winkel wird im Grundsatz festgehalten.
  10. Über den weiteren Verlauf hat der Interpellant keine Kenntnis.
Die Sonderbauvorschriften zum Bebauungsplanentwurf machen unter dem Artikel 4 eine klare Aussage über die Parzellen Nrn. 453 und 454 zum Volumenschutz:
„Art. 4 Volumenschutz - Bauten gemäss Ortsbildschutzinventar Kategorie 3
1 Die Bauten gemäss Ortsbildschutzinventar Kategorie 3 sind für das Ortsbild von besonderem Wert und in ihrem Volumen und in ihrer Bausubstanz grundsätzlich zu erhalten. Volumenerweiterungen und Eingriffe in die bestehende Bausubstanz sind ausnahmsweise zulässig, soweit dies mit dem Schutzziel vereinbar ist. Gesamthaft ist auf eine besonders gute Einpassung in das Ortsbild und auf eine angemessene Umgebung der Schutzobjekte zu achten.
2 Die Bauten gemäss Ortsbildschutzinventar Kategorie 3 dürfen ausnahmsweise abgebrochen werden, wenn die Bausubstanz aus bautechnischen Gründen nicht mehr erhalten werden kann, eine Baubewilligung für einen Ersatzbau vorliegt und die Ausführung dieses Ersatzbaus gesichert ist. Die Bauten gemäss Ortsbildschutzinventar Kategorie 3 müssen an gleicher Stelle und den gleichen Ausmassen wieder aufgebaut werden. Von diesen kann nur abgewichen werden, wenn dadurch für das Ortsbild und aus wohnhygienischen Gründen eine gesamthaft bessere Lösung entsteht. Der Gemeinde-rat kann zur Sicherstellung dieser Verpflichtungen Sicherheitsleistungen (wie Bankgarantie usw.) verlangen.“


Die Sonderbauvorschriften zum Bebauungsplanentwurf machen unter dem Artikel 5 eine klare Aussage über die Parzellen Nrn. 453 und 454 zu den Pflichtbaulinien:
„Art. 5 Pflichtbaulinien
Die Pflichtbaulinie regelt die Stellung der Bauten zum Strassenraum oder bezeichnet den Baubereich eines schützenswerten Gebäudes. Sie gilt über alle realisierten Geschosse exkl. Attikageschosse. Neubauten sind zwingend auf die Pflichtbaulinie zu stellen. Von der Pflichtbaulinie darf nur in begründeten Fällen abgewichen werden (Beachtung Einpassung Ortsbild).“


Das Bau- und Zonenreglement macht zu der Zone, wo sich die Parzellen Nrn. 453 und 454 befinden, die folgenden Einschränkungen:
„Art. 9 Kernzonen Winkel und Dorf
1 Die Kernzonen Winkel und Dorf dienen dem Schutz und der massvollen Weiterentwicklung der historischen Ortsteile.
2 Es sind Wohnbauten, nicht oder nur mässig störende Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe, Gastgewerbe sowie öffentliche Bauten und Anlagen zulässig.
3 In einem Bebauungsplan werden die Rahmenbedingungen für eine einheitliche Weiterentwicklung und Wahrung des historischen Charakters, insbesondere Abmessungen Bauvolumen, maximale Gebäudehöhe, Dachformen, schützenswerte Bauten, öffentliche Freiräume, Verkehrsanlagen und öffentliche Fuss- und Veloverbindungen festgehalten.
4 Baubewilligungen für Neu- und Ersatzbauten können nur gestützt auf einen Bebauungsplan oder einen im Nachgang zu einem Bebauungsplan erlassenen Gestaltungsplan erteilt werden.
5 Der Gemeinderat kann Baumaterialien, Farbe, Bepflanzung sowie weitere Gestaltungselemente vorschreiben, um den Charakter des historischen Ortsteils zu wahren und eine einheitliche Entwicklung zu gewährleisten.“


Fragen:
  • Bis wann kann mit einem rechtsgültigen Bebauungsplan gerechnet werden?
  • Wie weit ist der Verfahrensstand heute?
  • Gibt es Reaktionen auf die Stellungnahme des Gemeinderates von Seiten der Petitionäre?
Das Planungs- und Baugesetz vom Kanton Luzern kennt die Bestandesgarantie. Vgl.
"PBG §178 Bestandesgarantie innerhalb der Bauzonen
1 in Bauzonen dürfen rechtmässig erstellte Bauten und Anlagen, die den öffentlich-rechtlichen Bau- und Nutzungsvorschriften widersprechen, erhalten und zeitgemäss erneuert werden.
2 Sie dürfen zudem umgebaut, in ihrer Nutzung teilweise geändert oder angemessen erweitert werden, wenn
a. dadurch ihre Rechtswidrigkeit nicht oder nur unwesentlich verstärkt wird und
b. keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen."

  • Wieso wird § 178 "Bestandesgarantie" nicht für den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes auf den Parzellen Nrn. 453 und 454 GB Horw angewandt, welcher einen sofortigen Aufbau ermöglicht?
  • Was spricht dagegen, wenn ja der Bebauungsplan die wichtigen Parameter vom abgebrannten Haus, wie Lage, Volumen, bestehender Gewässerabstand, etc. sowieso übernimmt respektive aus Ortsbildschutzgründen übernehmen muss?
Im Bau- und Zonenreglement wird in Art. 9 "Kernzone Winkel und Dorf" auch klar umschrieben, nach welchen Kriterien Gebäude erstellt werden dürfen.

Der Bebauungsplanentwurf respektiert die Lage der Bauten wie diese vor dem Brand waren. Der Bebauungsplan setzt sogar eine Zwangsbaulinie und sichert so den Wiederaufbau an gleicher Stelle im selben Umfang und Grösse.

Das Planungs- und Baugesetz vom Kanton Luzern kennt die Möglichkeit, wo die Gemeinde Ausnahmen von den Vorschriften machen kann. Vgl.
"PBG§ 37 Ausnahmen
1 Die Gemeinde kann aus wichtigen Gründen Ausnahmen von den Vorschriften des Bau- und Zonenreglementes bewilligen, insbesondere
a. beim Vorliegen ausserordentlicher Verhältnisse,
b. wenn die Anwendung der Bauvorschriften eine unzumutbare Härte bedeuten würde,
c. bei befristeten Zwischennutzungen.6s
2 Ausnahmen dürfen die öffentlichen Interessen nicht verletzen und dem Sinn und Zweck des Bau- und Zonenreglementes nicht zuwiderlaufen. Die öffentlichen und privaten Interessen sind abzuwägen.66
3 Im Bau- und Zonenreglement können bei einzelnen Bestimmungen weitere Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen werden.
4 Nachbarliegenschaften dürfen durch eine Ausnahmebewilligung nur unwesentlich mehr benachteiligt werden, als dies bei reglementgemässer Bauweise zu erwarten wäre."

  • Hier liegt doch durch den Brand des Gebäudes auf den Parzellen Nrn. 453 und 454 GB Horw am 5. Februar 2012 ein ausserordentliches Verhältnis vor?
  • Wieso werden gestützt auf§ 37 PBG somit die Parzellen Nrn. 453 und 454 GB Horw, begründet durch die Möglichkeit dieser Ausnahmeregelung, nicht aus dem Bebauungsplanperimeter entlassen, wenn ja auch der Bebauungsplan an dieser Stelle keine andere Aussage macht respektive machen darf (Ortsbildschutz)?
Aus welchen Gründen auch immer wurde mit dem neuen Bau- und Zonenreglement eine Gesetzeslücke geschaffen, respektive es wurde nicht an das Szenarium "Brand/Zerstörung" gedacht. Ansonsten hätte der Art. 9 Absatz 4 nicht abschliessend formuliert sein dürfen, sondern hätte mit einer Ergänzung "ausser bei Brand und Zerstörung" versehen werden müssen.

„Art. 9 Kernzonen Winkel und Dorf
4 Baubewilligungen für Neu- und Ersatzbauten können nur gestützt auf einen Bebauungsplan oder einen im Nachgang zu einem Bebauungsplan erlassenen Gestaltungsplan erteilt werden.“


Sicher kann nun mit dem § 37 PBG und § 178 PBG diese Gesetzeslücke in der Bau- und Zonenordnung bis zur nächsten Teilrevision des BZR überbrückt werden, damit ein Ersatzneubau (nach über 3 Jahren!) so schnell wie möglich realisiert werden kann.

Für die Beantwortung meiner Fragen danken wir Ihnen.
Fraktion
FDP-Fraktion des Einwohnerrates

Zugehörige Objekte

Name
interpe647-15_Auszug_Entwurf_BP_Kernzone_Winkel.pdf Download 0 interpe647-15_Auszug_Entwurf_BP_Kernzone_Winkel.pdf
Datum Sitzung